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Trainerin Janina Edfelder, BSc, MMSc, ist die erste Dame im NAZ-Trainerstab

Interview mit der neuen Biathlon-Trainerin im NAZ Eisenerz

 

Warum führt eine frühe Spezialisierung des Trainings zum Leistungshöhepunkt im Jugendalter? Und warum schaffen es diese Athleten häufig nicht an die Weltspitze zu gelangen?

Als Grundlage eines langfristig erfolgreichen Leistungsaufbaus hin zur Weltspitze gilt eine breite athletische Ausbildung im Bereich Ausdauer, Kraft und Koordination/Technik. Eine frühe sportartspezifische Ausrichtung des Trainings kann zwar zu kurz- oder mittelfristigen Erfolgen im Kinder- und Jugendalter führen, sobald ein gewisses Leistungsniveau jedoch erreicht ist, können kaum mehr neue, effektive Trainingsreize gesetzt werden. Auf Grund der mangelnden Basis ist zudem die Verträglichkeit der erforderlichen Belastungsumfänge und -intensitäten im Spitzensport nicht entsprechend ausgebildet. Diese Bedingungen führen schließlich zu einer Stagnation der Leistung bereits im Jugendalter. Darüber hinaus bringt eine frühe Spezialisierung einseitige Belastungen und damit erhöhte Verletzungsgefahr mit sich. Außerdem kann sich eine zu frühe Fokussierung auf Leistung und Wettkampf negativ auf die Motivation der Sportler auswirken, was den Weg an die Weltspitze zusätzlich erschwert.

Welche Gründe gibt es, die so viele Jugendliche dazu bewegen, sich für den Weg gegen den Leistungssport zu entscheiden?

Leistungssport erfordert viel Disziplin von den Jugendlichen und ist mit einem hohen Zeitaufwand sowie Leistungsdruck verbunden und. Hinzu kommt die Doppelbelastung von Sport und Schule beziehungsweise Ausbildung, wodurch andere Interessen gegebenenfalls zurückgestellt werden müssen. Mit dem steigenden Trainingsumfang stehen die Sportler daher oftmals vor der Entscheidung, ob sie Zeit und Motivation für den Leistungssport weiterhin aufbringen wollen und können beziehungsweise wie hoch ihr Nutzen davon ist. Diese Überlegungen treten vor allem dann auf, wenn gewünschten Erfolge ausbleiben und die Athleten stattdessen mit negativen Erfahrungen konfrontiert werden oder der Rückhalt von Eltern, Trainern und Freunden fehlt. Insbesondere im Jugendalter scheinen verstärkt Aktivitäten außerhalb des Sports an Attraktivität zu gewinnen, wobei hier der Einfluss von sozialen Medien und des sogenannten „e-sports“ eine große Rolle spielt.

Welche Maßnahmen könnte man setzen, um dieses Problem zu verringern? Und wer könnte die Jugendlichen auf ihrem Weg mehr unterstützen?

Als direkte und unmittelbare Ansprechpartner dienen im Kinder- und Jugendalter in erster Instanz die Eltern, dicht gefolgt vom zuständigen Trainer/Betreuer. Mit viel Fingerspitzengefühl und dem nötigen Informationsaustausch zwischen Athlet, Eltern und Trainer kann es zur frühzeitigen Erkennung von „Fehlentwicklungen“ bzw. dem Verlust vom Fokus auf das Wesentliche kommen. Als Leitfaden für das „Wesentliche“ in der Ausbildung von Nachwuchsathleten entwickelte und veröffentlichte der Österreichische Skiverband (ÖSV) ein F-R-E-U-D-E Konzept. Hierbei steht für jeden Buchstaben ein Wort bzw. ein gelebter Wert: F-amilie, R-espekt, E-hrlichkeit, U-nterstützung, D-ankbarkeit und E-rfolg. Dieses Konzept dient als Fundament zur Heranführung an den Spitzensport und ermöglicht die Einhaltung der Work-Life-Balance inkl. der Pflege von sozialen Kontakten und persönlichen Interessen.

Welche Hürden warten auf die Jugendlichen noch auf dem Weg an die Weltspitze?

Auf dem Weg an die Weltspitze verdichtet sich die Konkurrenz von der nationalen hin zur internationalen Ebene. Dadurch erhöht sich der Druck Leistungen punktgenau bei Qualifikationsrennen und dem Saisonhöhepunkt abzurufen, um sich für höhere Kader anzubieten. Hinzu kommen schließlich die zunehmende öffentliche Aufmerksamkeit sowie Termine mit Medien und Sponsoren, welche mit dem Trainings- und Wettkampfalltag arrangiert werden müssen. Sportliche Erfolge führen zudem zur gesellschaftlichen Vorbildwirkung, was zusätzliche Anforderungen an die Persönlichkeit der Athleten stellt.

Welche Methoden gibt es, die Athleten im Kindes- und Jugendalter zu trainieren, damit das Problem der zu frühen Spezialisierung und Leistungsstagnation nicht auftritt?

Um einer zu frühen Spezialisierung entgegen zu wirken, können in der Vorbereitungsphase verschiedene Sportarten in die Trainingsplanung miteinbezogen werden. Für das Ausdauertraining im Biathlon bietet es sich beispielsweise an, neben den spezifischen Einheiten auf Skiroller auch Berg- oder Mountainbike-Touren einzubauen. Dabei können auch sportartübergreifende Trainingskurse gemeinsam mit anderen Vereinen oder Sparten durchgeführt werden. Das Krafttraining sollte im Kinder- und Jugendalter zunächst relativ allgemein gehalten werden, mit dem Fokus auf Stabilisation und Ausführungsgenauigkeit. Ein Ganzkörpertraining soll die Sportler hierbei auf spezifischere Belastungen vorbereiten und Verletzungen auf Grund früher einseitiger Beanspruchung vorbeugen. Einen großen Anteil sollte zudem auch das Koordinationstraining einnehmen, mit einer möglichst abwechslungsreichen, vielfältigen und kreativen Gestaltung. Neben dem Wettkampfgedanken im Leistungstraining sollten dabei auch spielerische Elemente – zum Beispiel beim Aufwärmen – eingebaut werden.